Mit einem Klick in die Zukunft – Digitales Nachlass-Fundraising
Den Nachlass spenden: Automatisiert und trotzdem persönlich
Traditionell wird das Thema “Nachlass spenden” bevorzugt offline oder vereinzelt über E-Mail-Newsletter behandelt. Doch da geht mehr! Marketing Automation kann eine große Stütze sein, indem es Prozesse optimiert oder die Offline-Nachlass-Spendenakquise sogar teilweise durch digitale Produkte ersetzt. Die Generation der Babyboomer nähert sich dem Renteneintritt und wird sich zukünftig vermehrt um die eigene Vorsorge- und Nachlassplanung kümmern. Ihre digitale Affinität wird immer noch unterschätzt. Hier können (und sollten) sich Nonprofits als Berater*innen positionieren und ihren Spender*innen bei der digitalen Nachlassplanung zur Seite stehen.
Nachlass spenden per Klick – ist das nicht ein wenig viel verlangt?
Ein persönlicher Beziehungsaufbau ist und bleibt das A und O der Nachlassspender*innen-Betreuung. Für Entscheidungen von solcher Tragweite und Bedeutung braucht es ein persönliches Gegenüber, das bei Fragen beratend zur Seite steht. Es soll bei der Automatisierung einzelner Prozessabläufe also keineswegs darum gehen, den persönlichen Kontakt zu ersetzen. Unterstützer*innen dazu zu bewegen, den eigenen Nachlass zu spenden, und das auch noch online, ist eine große Herausforderung. Hier braucht es im Vorfeld Vertrauensarbeit. Daher geht es bei der Automation vielmehr um eine Ergänzung der Kommunikation. Denn automatisierte Workflows können Nachlass-Mitarbeiter*innen entlasten. Beispielsweise, indem ein Teil der Kommunikation automatisiert wird. So haben Nachlassberater*innen mehr Zeit für die persönliche 1-on-1-Betreuung oder für das Planen von Info-Terminen und Nachlass-Events.
Alles eine Frage der Strategie
Das Thema Testament erfordert ein behutsames Herantasten, gehört doch das eigene Ableben nicht gerade zu den Favoriten des persönlichen Zeitvertreibs. Daher sollten Sie möglichst nicht mit der Tür ins Haus fallen. Bestenfalls erreichen Sie Ihre Zielgruppe zum richtigen Zeitpunkt über den passenden Kanal. Um das gewährleisten zu können, empfiehlt es sich, das Thema Testament innerhalb einer größeren Strategie anzugehen – der Lifecycle-Strategie (LCS). Statt die Kontakte nur nach Alter zu segmentieren, können sie auch nach Lifecycle-Phasen (siehe Bild unten) gegliedert werden. Diese Phasen ergeben sich aus der Antwort auf die Frage, wie stark mein Kontakt an meine Organisation gebunden ist.
So ist ein Lead, der beispielsweise über eine Facebook-Kampagne generiert wurde, zwar an der Arbeit der eigenen Organisation interessiert, doch keineswegs ist er fest an die Organisation gebunden. Hier gilt es, sich Maßnahmen zu überlegen, wie der Kontakt in die nächste Phase entwickelt werden kann und dieser sich für das Thema Testamentsspenden erwärmen lässt. Dauerspender*innen hingegen können etwas direkter auf das Thema “Nachlass spenden” angesprochen werden, da sie bereits mit der Organisation vertraut sind.
So erhöhen Sie Ihre Chance auf ein Nachlass-Versprechen
Nun wissen wir, dass die Herangehensweise auf die Bindung des Kontakts zur Organisation abgestimmt werden sollte – doch wann ist der richtige Zeitpunkt, eine Person auf das Thema “Nachlass spenden” anzusprechen? Um potentielle Erbschaftsspender*innen zu identifizieren, können für jede Interaktion mit der Organisation mittels eines Testament-Scorings Punkte vergeben werden. Diese Interaktionen könnten die folgenden sein: Jemand hat Interesse an dem Thema gezeigt, beispielsweise indem er/sie zahlreiche Seiten zum Thema “Nachlass und Vorsorgeplanung” besucht, in der E-Mail-Automation alle Mails geöffnet und geklickt, einen Erbschaftsrechner ausprobiert oder einen Ratgeber heruntergeladen hat.
Ein solches automatisiertes Interessen-Scoring hilft dabei, sich auf die entscheidenden Leads zu fokussieren. So nimmt zum Beispiel erst ab einer gewissen Punktzahl ein*e Berater*in persönlich Kontakt auf. Da der Kontakt bereits großes Interesse bekundet hat, sollte die Chance auf ein persönliches Gespräch genutzt werden, um weitere Überzeugungsarbeit zu leisten.
Die Benachrichtigung über einen hohen Scoring-Stand kann übrigens auch automatisiert werden. Sobald ein Kontakt eine Scoring-Schwelle überschreitet, bekommt der*die Berater*in eine Notification mit relevanten Profilinformationen und Kontaktdaten.
GUT ZU WISSEN!
Grundsätzlich muss bedacht werden, dass das Thema Nachlass, im Vergleich zum Gesamtspendenmarkt, nur eine kleine Zielgruppe anspricht. Aus diesem Grund sind die Akquisekosten (z. B. Cost per Lead) durchaus höher als im breiteren Individual Giving. Doch in Relation zu dem, was am Ende damit gewonnen wird, lohnt sich die Investition. Denn der Betrag, den eine Erbschaft umfasst, ist in der Regel höher als eine Einmalspende. Digitales Nachlass-Fundraising steckt aktuell noch in den Kinderschuhen und ist für viele Neuland. Das bedeutet für alle Fundraiser*innen: Probieren, testen und flexibel sein. Ein gut durchdachtes Konzept und eine feinfühlige spender*innen-zentrierte Kommunikation mit starker Value Proposition sind gute Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein.
Funken sprühen lassen – digitale Kommunikation für erfolgreiches Nachlassspenden
Die Rahmenbedingungen sind nun klar, aber wie sieht so eine automatisierte Kommunikation aus? Zunächst werden Touchpoints festgelegt (Social Media, Kampagnen-Landingpage, E-Mails, Newsletter etc.) Diese ergeben sich aus der Zielgruppenanalyse, durch die erkennbar wird, wo sich die Zielgruppe aufhält. Dann wird für jeden Touchpoint der passende Inhalt kreiert. Das Entwickeln von Personas hilft bei der zielgruppengerechten Ansprache. Dabei handelt es sich um fiktive Personen, welche die Zielgruppe repräsentieren. Sie haben die gleichen Bedürfnisse, Motivationen und Ziele wie ihre realen Nutzer und verdeutlichen das Nutzerverhalten der einzelnen Zielgruppenmitglieder.
Außerdem ist es unerlässlich, dass die gesamte Journey über alle Touchpoints hinweg eine konsistente Story ergibt, sowohl textlich als auch visuell. Die Automation ist so angelegt, dass nach jeder Handlung des Kontakts eine weitere Kommunikation getriggert und die Bindung zum Kontakt erhöht wird. Clever und deutlich gesetzte Call-to-Actions erhöhen wiederum die Interaktion zwischen der Organisation und dem Kontakt.
Step 1 Aufmerksamkeit schaffen
An den Awareness Touchpoints gilt: Der erste Eindruck zählt! Hier wird Aufmerksamkeit bezüglich des Nachlassthemas geweckt. Ein emotionales Video innerhalb einer Facebook-Kampagne, ein thematischer Newsletter oder ein Banner auf der Webseite – testen Sie, was bei Ihrer Zielgruppe am besten funktioniert.
Dabei muss das Kind auch nicht sofort beim Namen genannt werden. Wir erinnern uns: Langsam herantasten! Wohl wissend, dass das Thema Testament ein heikles ist, hat sich zum Beispiel das Schweizerische Rote Kreuz mit einer Facebook-Kampagne über das Thema Vorsorge an die Nachlassregelung herangetastet. Der Story-Aufhänger bestand aus verschiedenen Videoformaten. Mal gaben sie einen Einblick in ihren Lead-Magneten – die Vorsorgemappe –, ein anderes Mal kam die Zielgruppe mit ihren Gedanken zum Thema Vorsorge selbst zu Wort. Ein Lead-Magnet ist ein kostenloser Artikel oder eine ebensolche Dienstleistung, der/die zum Zweck der Erfassung von Kontaktdaten verschenkt wird. Ein Anreiz zur Abgabe der Kontaktdaten können zum Beispiel Nachlassratgeber oder eine Broschüre zum Herunterladen sein, eine Einladung zu einem Event oder ein persönliches Beratungsgespräch. Auch hier gilt es auszuprobieren, was die Zielgruppe am ehesten anspricht.
Step 2 Interesse wecken
Der Lead-Magnet weckt das Interesse, sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Daher sollte der Awareness-Part unmittelbar zu einem solchen führen. Wichtig hierbei ist, dass er einen Mehrwert bietet und zum Thema passt. Je nachdem, von wo die Kontakte kommen, kann der Download-Link für den Lead-Magneten unterschiedlich platziert werden. Eine Möglichkeit ist es, diesen auf einer passenden Kampagnen-Landingpage zu integrieren. Eine andere Option ist der Download über eine Facebook Lead Ad. Facebook Lead Ads sind Anzeigen, in der die Kontaktdaten direkt in einem integrierten Formular abgegeben werden, ohne Umleitung auf eine Landingpage. In diesem Fall kann der Download eine E-Mail-Journey triggern, die wiederum auf die Kampagnen-Landingpage führt (siehe Abschnitt “Step 3 Wunsch auslösen”). Auch auf der Landingpage gilt es, einen Mehrwert zu bieten, zum Beispiel mittels eines kurzen FAQ-Videos mit den wichtigsten Fragen zum Thema Testament. In jedem Fall sollte der Raum für das Kommunizieren einer starken Value Proposition genutzt werden: Warum sollte man sich unbedingt mit dem Thema Nachlass auseinandersetzen und weshalb jetzt? Was nützt es, gemeinnützig zu vererben? Wieso sollte man ausgerechnet an Ihre Organisation spenden? Ist das Erbe bei Ihnen gut aufgehoben? Bestenfalls gibt die Landingpage Antworten auf all diese Fragen.
Step 3 Wunsch auslösen
Führt der Download den Kontakt nun in eine automatisierte E-Mail-Journey, kann hier das Wissen über die Zielgruppe vertieft und dem Kontakt können weitere attraktive Angebote unterbreitet werden. Bieten Sie in den E-Mails weiteres Informationsmaterial, verlinken Sie zum Erbschaftsrechner oder verschicken Sie eine Einladung zu einem Nachlass-Webinar inklusive juristischer Beratung. Auch hier gilt es, immer wieder die Value Proposition zu verdeutlichen. Diese E-Mail-Journey schließt mit dem Aufruf ab, den eigenen Nachlass zu spenden. Außerdem kann über die Automation ein Versandrhythmus festgelegt werden. Dies erleichtert den Nachlass-Fundraising-Alltag.
Step 4 Action bitte!
Bei der digitalen Nachlass-Kommunikation geht es weniger um direkte Resultate, vielmehr ist es ein Startschuss für einen Beziehungsaufbau. Die Mutigen werden sich trauen, im letzten Schritt der Journey ein Testament online abzuschließen (zum Beispiel über Portale wie DeinAdieu), und werden dabei eine Organisation berücksichtigen. Andere hingegen benötigen mehr Zeit und ihnen hilft gegebenenfalls ein persönliches Gespräch. Genau dies kann im finalen Schritt angeboten werden, um die letzten Zweifel zu nehmen.
Alles in allem hilft Marketing Automation dabei, die Kommunikation zu vereinfachen, Ressourcen zu sparen, eine größere Zielgruppe zu erreichen und die Bindung zu erhöhen. Diese Bindung ist eine Investition in die Zukunft der Organisation.
Möchten Sie mehr zum Thema “Nachlass spenden” erfahren? Dann legen wir Ihnen unseren Case ans Herz. Darin berichten wir von unserem gemeinsamen Projekt mit dem Schweizerischen Roten Kreuz Kanton Zürich, bei dem wir eine solche Automatisierung realisieren konnten.